Kapitel 2. Allgemeine Aspekte des elektronischen Publizierens

Wissenschaftliche Kommunikation hat sich in der Vergangenheit weitgehend außerhalb öffentlicher Zugänglichkeit abgespielt. Nur ein kleiner Teil von Texten konnte in Zeitschriften und Monographien publiziert werden. Dabei sind in den letzten Jahren durch die hohen Kosten konventionellen Publizierens und die Preissteigerungen von Zeitschriften und Monographien die Chancen der Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse über Verlage und deren Bereitstellung über Bibliotheken deutlich verschlechtert worden.

Neue Kultur des elektronischen Publizierens

Durch die modernen Methoden der Informations- und Kommunikationstechnologie eröffnen sich neue, teilweise ergänzende Wege für die Erstellung und Distribution wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Nutzung und Bereitstellung wissenschaftlicher Dokumente in digitaler Form über das Internet stellen im Vergleich zur konventionellen Publikation über Printmedien eine verbesserte Form der wissenschaftlichen Kommunikation dar. Wir befinden uns am Beginn einer Umwälzung des wissenschaftlichen Publikationswesens, die zumindest teilweise die bisherigen Gepflogenheiten revolutionär verändern wird. Dabei besteht insbesondere auch die Möglichkeit, auf traditionellem Weg nicht mehr finanzierbare Publikationsvorhaben über das Internet weltweit zugänglich zu machen. Gerade die im wissenschaftlichen Bereich vorhandene Informationsinfrastruktur stellt eine gute Ausgangsbasis dar, um die auf den universitären Dokumentenserver aufliegenden Ressourcen weltweit bereitzustellen. Trotzdem besteht noch keine allgemeine Akzeptanz des elektronischen Publizierens. Dafür ist u.a. eine notwendige Voraussetzung, dass Authentizität und Integrität der entstandenen Dokumente mit ähnlichem Sicherheitsgrad gewährleistet werden können, wie das bei traditionellen Medien der Fall ist. Deshalb müssen die Wissenschaftler durch Serviceeinrichtungen wie Bibliotheken, Rechen- und Medienzentren in der Nutzung der damit verbundenen Technologien unterstützt werden.

Betont sei, dass es für alle Beteiligten notwendig ist, gewohnte Arbeitsweisen zu ändern. Das gilt für das wissenschaftliche Schreiben ebenso wie für die Verarbeitung und Verbreitung der Dokumente. Mit dem Verfassen der Publikation allein ist es nicht mehr getan. Anders als früher liegt z. B. für das Retrieval und die Archivierung eine prinzipielle Verantwortung bei den AutorInnen. Notwendig ist ein neues Arbeiten und Zusammenarbeiten aller Beteiligten, der Autoren genauso wie der Bibliotheken und Rechenzentren:

Die Entwicklung einer neuen "Kultur des elektronischen Publizierens" ist erforderlich.

Ist-Stand und Entwicklung

Die gegenwärtige Arbeitsweise des wissenschaftlichen Publizierens ist weitgehend auf das Papier fixiert. Der Computer wird häufig noch wie die Schreibmaschine benutzt, wobei sich das Layout auf dem Computerbildschirm vorrangig am virtuellen Blatt orientiert. Eine Mehrfachverwendung des Textes z.B. für Publikation im Internet, automatische Katalogisierung oder Printing on demand in einer Universitätsdruckerei erfolgt nicht. Die Erstellung von elektronischen Hochschulschriften, die eine hohe Flexibilität der Verarbeitung und der Wahl der Präsentation benötigen, setzt veränderte Arbeitsweisen voraus. Nicht mehr das typografische Präsentationsformat (der Ausdruck) sollte an erster Stelle stehen, sondern die Mehrfachverwendung zur Internetpräsentation, zur Datenbankspeicherung, zum Ausdruck bis hin zur langfristigen Archivierung. Dies wird ermöglicht, wenn die Autoren allgemeine Strukturen ihrer Publikationen erkennbar machen oder diese nach festgelegten Strukturen erstellen.

Strukturen stellen in Publikationen nichts grundsätzlich Neues dar. Schon immer waren Publikationen unterteilt in Kapitel, Unterkapitel, Abschnitte o. ä. In Zukunft ist ein bewussterer Umgang mit diesen Hierarchiestufen, den sogenannten Strukturelementen, notwendig. Neu ist, dass zusätzlich semantische Informationen dem elektronischen Dokument angefügt werden können. Damit wird erreicht, dass den einzelnen Strukturelementen eine entsprechende Definition gegeben werden kann, z. B. dass es sich um die Überschrift eines Kapitels handelt oder dass eine bestimmte Angabe auf der ersten Seite der Name des Autors des Buches ist. Das erleichtert es, automatisch Beschreibungen in einen Bibliothekskatalog zu übernehmen und eine qualifizierte Suche durch technische Mittel zu unterstützen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird der Zugriff auf elektronische Hochschulpublikationen auf zwei Wegen realisiert:

Durch ein strukturiert gestaltetes Dokument können diese Wege des Zugriffes wesentlich unterstützt und bedeutend schneller realisiert werden, als dies bei Dokumenten in der klassischen Papierform oder in der elektronischen Form, die das Papierformat lediglich abbildet, möglich ist.

In Abhängigkeit von der durch den Autor vorgenommenen Tiefe der Strukturierung des wissenschaftlichen Dokumentes ergeben sich neue Möglichkeiten von Suchstrategien. Wurden bereits bei der Erstellung des Dokumentes z. B. besondere Fachbegriffe, Personen oder mathematische Formeln gesondert gekennzeichnet, so kann künftig durch intelligente Retrievalprogramme nach ihnen gesucht werden. Die Effizienz der Suche auf den Internetservern kann auf diese Weise eine völlig neue Qualität erreichen.

Allerdings handelt es sich hierbei um eine noch anzustrebende Arbeitsweise, die in Deutschland gegenwärtig nur an wenigen Standorten (z. B. an der Humboldt-Universität) praktiziert wird. Teilweise fehlen noch die technischen Voraussetzungen, insbesondere im Umfeld von Textverarbeitungssystemen und ergänzenden Tools, die das strukturelle Schreiben und eine adäquate Abspeicherung in internationalen Standardformaten gestatten. Defizite existieren auch beim Know-how nahezu aller an einem solchen Publikationsprozess beteiligten Personen und bei der inneruniversitären strukturellen und personellen Absicherung.

Die Erstellung elektronischer Publikationen innerhalb der Hochschule

Für die Geschäftsgänge entstehen beim elektronischen Publizieren in den Hochschulen teilweise neue Aufgabenbereiche, die von den Rechenzentren, den Medienzentren und den Universitätsbibliotheken arbeitsteilig betreut werden sollten:

Der folgende Vergleich verdeutlicht dabei die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von drei Arbeitsgängen. Er zeigt auch, dass die Geschäftsgänge den jeweils lokalen Gegebenheiten angepasst werden müssen.

Allgemeiner Workflow

lokale Besonderheiten (Beispiele)

 

 

Humboldt-Universität

Universität Dortmund

System OPUS

Autor

Kurse für Autoren

Formatvorlagen

digitales Dokument erstellen

Format:Word, LaTEX
PDF (für Druck)

Format: PDF,
Orginalformat

Dokumentenbeschreibung
(Metadaten)

WWW-Formular

WWW-Formular

WWW-Formular

Übergabe Dokument/Metadaten
in digitaler Form

automatisch

automatisch

automatisch

Vertrag zuschicken
per E-Mail

 

 

 

 

 

Bibliothek /
Rechenzentrum

Abgabe Vertrag und
Druckexemplare

Kontrolle bergebener Daten

Lesbarkeit, Richtlinien
mehrerer Personen
-je Format)

Qualittskontrolle
inhaltl.berprfung
(Referat, Fachb.)

Konvertierung nach PDF

Ergnzung/Korrektur/Metadaten

Eingabe Metadaten
DNB Sachgruppe
RVK

DNB-Sachgruppe
Schlagwrter

DNB-Sachgruppe

Erstellung digitaler Signatur

Archivierung/Veröffentlichung
- Adressgenerierung
- Freigabe/Bereitstellung
- E-Mail an Autor

Freigabe Workflow-DB
Konvertierung SGML

Adressgenerierung
durch Mitarbeiter

Adressgenerierung
Freigabe u. Email automatisch

Annahme/Erstellung
Druckexemplare

Integration bzw. Nachweis in
Bibliotheksverbundsystemen

Aleph

Aleph
Verbundsystem

SWB
lokale Kataloge
(automatisch)

Automatische DDB-Meldung
(Dissertationen, Habilitationen)

möglich

möglich

möglich

Um den organisatorischen Veränderungen in den beteiligten Einrichtungen Rechnung zu tragen und die notwendige Kommunikation zwischen den "Bearbeitern" der einzelnen Aufgaben gezielt zu steuern, wird die Nutzung eines elektronischen Systems zur Workflowunterstützung, eine Workflow-Datenbank, empfohlen. Von Vorteil ist hier die Nutzung eines plattformübergreifenden Systems, das z. B. WWW-basiert arbeitet.


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HTML - Version erstellt am: Thu Nov 29 11:07:15 2001

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