Kapitel 4. Empfehlungen an die Hochschulen

Mit den "Empfehlungen zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken" hat der Wissenschaftsrat im Juli 2001 ein richtungsweisendes Papier verabschiedet, in dem die vielfältigen Bemühungen der unterschiedlichen wissenschaftlichen Organisationen und Gremien aufgegriffen wurden. In diesen im gewissen Sinne Leitlinien der künftigen Förderpolitik kommt dem elektronischen Publizieren eine besondere Rolle zu. Die Hochschulen sind aufgefordert, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und ihre Infrastruktureinrichtungen entsprechend auszurichten.

Sichten auf das elektronische Publizieren

Der zielgerichtete Ausbau von effizienten Informationsinfrastrukturen für das elektronische Publizieren setzt voraus, dass eine Aufgabenteilung zwischen den Infrastruktureinrichtungen einer Universität und den Wissenschaftlern in den Fachbereichen, die deutschlandweit durch die wissenschaftlichen Fachgesellschaften repräsentiert werden, existiert.

Das elektronische Publizieren lässt sich aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, die es beim Aufbau dieser Strukturen zu berücksichtigen gilt.

In den seltensten Fällen ist die Expertise in allen diesen Bereichen unter dem Dach einer einzigen Institution vorhanden. Die Infrastrukturorganisationen sowie andere interessierte Kreise in einer Universität müssen daher zusammenarbeiten, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Der genaue Modus dieser Zusammenarbeit wird sich von Hochschule zu Hochschule unterscheiden.

Die Abgrenzung der Kernkompetenzen und die Definition neuer Herausforderungen und Aufgaben spielt für eine reibungslose Zusammenarbeit eine wesentliche Rolle, entsprechend wird es in den "Empfehlungen des Wissenschaftsrates zur digitalen Informationsversorgung durch Hochschulbibliotheken" dargestellt.<18>

Organisatorische Grundlagen

Elektronisches Publizieren an Hochschulen und das damit in enger Verbindung stehende Erfassen, Bereitstellen und Archivieren der wissenschaftlichen Arbeiten ist nicht ausschließlich und nicht in erster Linie als ein technologischer Prozess zu verstehen, sondern es bedarf einer Reihe von hochschulstrategischen Entscheidungen. Von einschneidender Bedeutung ist dabei, welcher Stellenwert dem elektronischen Publizieren beigemessen wird. Soll es im Rahmen eines Fachbereiches, mehrerer Fachbereiche, die gesamte Hochschule umfassend, in Kooperation mit anderen Hoschulen oder innerhalb von Verbünden erfolgen? Wird z. B. der langfristige Aufbau eines elektronischen Hochschulverlages angestrebt oder steht die enge Zusammenarbeit mit einem kommerziellen Verlag im Vordergrund? Diese Entscheidungen, die zu einer selbstgeprägten Identität des elektronischen Publizierens an der Hochschule führen sollten, sind durch diese DINI-Empfehlungen nicht vorwegnehmbar, da sie hochschulspezifischen Charakter tragen.

Den Hochschulen wird in Auswertung dieser Empfehlungen angeraten, durch die potentiell an diesem Publikationsprozess Beteiligten eine solche Policy erarbeiten zu lassen und daraus die entsprechenden strategischen Entscheidungen verbunden mit einem Stufenplan abzuleiten.

Rechtliche Grundlagen

Wie eingangs formuliert, handelt es sich bei den hier betrachteten Publikationen um die sogenannte "graue Literatur", d. h. nicht in Verlagen, in Monographien oder Zeitschriften erschienene Literatur. Gerade deshalb ist es von besonderer Bedeutung, dass innerhalb der Hochschule rechtliche Bedingungen geschaffen werden, die ein Publizieren ermöglichen und einen entsprechenden Standard absichern.

Folgende Gesichtspunkte sind von ausschlaggebender Relevanz:

Materielle und personelle Absicherung

Der Zunahme und Verlagerung des Publikationsaufkommens hin zu elektronischen Hochschulpublikationen ist in den Hochschulen entsprechend Rechnung zu tragen. Innerhalb der Serviceeinrichtungen sind Arbeitsgruppen für die anfallenden Aufgaben (Geschäftsgang, Pflege der Archive, Pflege der benötigten Hardware etc.) zu schaffen und entsprechende Verlagerungen der Aufgabenschwerpunkte vorzunehmen.

Zurzeit kann die Einrichtung eines Serviceangebotes für elektronische Hochschulpublikationen noch nicht unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet werden, sondern ist eine Investition in die Zukunft.

Weiterbildung

Für Autoren

Ein zu empfehlendes langfristig ausgerichtetes Publikationsmodell stützt sich auf die Nutzung von XML/SGML als Archivierungsformat. Mit dieser Orientierung wird am ehesten die Grundlage für die unter Punkt 2 apostrophierte "Kultur des elektronischen Publizierens" unterstützt. XML ist zwar bereits heute ein bei der Gestaltung von WWW-Auftritten häufig eingesetztes Format, Tools für den Autor einer wissenschaftlichen Publikation sind jedoch nur rudimentär vorhanden. In den bisher gebräuchlichen Textverarbeitungsprogramme existieren Komponenten, die eine spätere nahezu automatische Konvertierung nach XML ermöglichen. Die Autoren sind deshalb bereits im Vorfeld der Abgabe einer elektronischen Publikation gezielt auf den Umgang mit solchen Hilfsmitteln (wie Formatvorlagen) zur strukturellen Auszeichnung der Arbeit vorzubereiten.

Dabei wird die Einrichtung folgender Betreuungsstationen empfohlen:

Für das Dienstleistungspersonal

Um den Umgang mit den digitalen Dokumenten, die Kontrolle und die Konvertierung in Präsentations- und Archivformate gewährleisten zu können, bedarf es regelmäßiger Schulungen des Dienstleistungspersonals, die auf die speziellen Arbeitsaufgaben zugeschnitten werden müssen:

Ziel sollte es nicht nur sein, die Aufgaben auszuführen, sondern den Autoren qualifizierte Beratung geben zu können. Dies setzt eine weitaus höhere Schulungs- und Einarbeitungsintensität voraus.

Empfohlen wird z. B. die Mitarbeit im Verbund „DissOnline.de“ über die Koordinierungsstelle Der Deutschen Bibliothek. Hier wird ein Weiterbildungsangebot für Bibliotheken, Rechen- und Medienzentren erarbeitet. Durch den themenzentrierten Austausch wird das Erreichen eines qualitativ hoch- und gleichwertigen technologischen Stands aller beteiligten Einrichtungen gewährleistet, der wiederum zur gewünschten weiteren Standardisierung beiträgt.

Für Leser

Die Auseinandersetzung der Leser mit den angebotenen Suchmaschinen des Internets ist in den seltensten Fällen systematisch. Intelligente Suchmaschinen können jedoch umfangreiche Zusatzinformationen, die die Struktur und den Inhalt von Dokumenten beschreiben, verarbeiten, sofern diese nach internationalen Standards (DublinCore) maschinenlesbar formuliert sind.

Damit diese aber in einer Recherche Anwendung finden, müssen die Leser auch die Möglichkeiten kennen, z. B. welche Strukturmerkmale von Dokumenten bei einer konditionierten Suche genutzt werden könnten. Um dieses Angebot gezielt einzusetzen, bedarf es einer möglichst breiten Information/Schulung für alle Wissenschaftler und Studierenden über die von Suchmaschinen verwertbaren Metadaten und über intelligente Suchstrategien, die bei einer Recherche anwendbar sind.

Hierfür können durchaus Werkzeuge bereitgestellt werden, die eine entsprechende Unterstützung leisten. So bietet z. B. eine neue Suchmaschine<26> automatisierte Übersetzungen an von Keywords der Physik zu den nächstliegenden normierten PACS-Thesaurus-Ziffern und von dort zu den entsprechenden MSC-Klassifikationen der Mathematik.


Fußnoten:

<18>

http://www.wissenschaftsrat.de/texte/4935-01.pdf

<19>

http://www.uni-mannheim.de/mateo/kmkdiss.htm

<20>

z.B. http://www.hu-berlin.de/presse/amb/amb98_14.html

<21>

http://www.hbz-nrw.de/arbeitverbund/ediss/muster.pdf

<22>

http://elfikom.physik.uni-oldenburg.de/dissonline/recht.html

<23>

http://www.bibliothek.tu-chemnitz.de/service/hss.html

<24>

http://dochost.rz.hu-berlin.de/speps

<25>

http://www.bis.uni-oldenburg.de/bisverlag/bisverl.html

<26>

http://physnet.uni-oldenburg.de/PhysNet/physdoc_carmen.html


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