Kapitel 5. Empfehlungen an die wissenschaftlichen Fachgesellschaften

Die Realisierung der Umstellung der wissenschaftlichen Kommunikation an den Hochschulen verlangt die aktive Kooperation der wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Sie haben die Autoren und Nutzer ihres Faches als Mitglieder und können fachlich ausgerichtete Initiativen starten, um die Möglichkeiten digitaler Kommunikation auszuschöpfen.

Bei den Fachgesellschaften hat sich 1995 die Initiative Information und Kommunikation der wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland gebildet, die sich die Aufgabe gesetzt hat, fächerübergreifend die erforderliche Diskussion zu führen und zu gemeinsamen Standards zu gelangen.

Nutzung internationaler Standards

Damit elektronische Dokumente weltweit von beliebigen Suchmaschinen gefunden werden können, müssen sie gemäss international vereinbarter Standards mittels Metadaten gekennzeichnet sein. Hierbei sind die Fachspezifika zu berücksichtigen sowie sicherzustellen, dass über die Fächergrenzen hinweg interdisziplinär gesucht werden kann.

Damit die internationalen Vereinbarungen die Anforderungen aus der Wissenschaft möglichst erfüllen können und dabei auch die für den deutschen Sprachraum spezifischen sowie die speziellen Anforderungen an die deutschen Hochschulen formuliert werden können, engagieren sich die wissenschaftlichen Fachgesellschaften in Deutschland ggf. über ihre Initiative IuK oder deren Arbeitsgruppen in den internationalen Standardisierungsgremien (z. B. Dublin Core Initiative, W3C Consortium).

Es wird empfohlen, mit Beteiligung der Fachgesellschaften Online-Publikationssysteme unter Berücksichtigung internationaler und nationaler Standards und Initiativen weiterzuentwickeln und zu konsolidieren.

Hierfür ist die Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Fachgesellschaften mit den Verbänden der Infrastruktureinrichtungen an den Hochschulen notwendig, um einheitliche Werkzeuge und Vereinbarungen zu sichern.

Verlage und Begutachtung

Eine der häufigsten Kritikpunkte an heute bereits vorliegenden elektronischen Publikationen ist das häufig noch nicht etablierte Begutachtungsverfahren, das papiergebundene Veröffentlichungen seit vielen Jahren auszeichnet.

Um dieses Manko zu beheben, sollten die Fachgesellschaften sich aktiv an einem Begutachtungsprozess beteiligen. Es wird daher empfohlen, Zertifizierungsebenen zu definieren, und hierfür geeignete Metadaten-Angaben festzulegen, die dem Dokument beigefügt werden. Es sollten geeignete Metadaten-Erzeugungstools bereitgestellt und flächendeckend für alle Fächer vergleichbar eingeführt werden.

Zertifizierungsebenen sind nur wirkungsvoll, wenn sich Nutzer, die sich für ein Dokument interessieren, bei den angegebenen Zertifizierungsebenen des Anspruchs des Qualitätssiegels bewusst sind. Die Realisierung muss gemeinsam durch die Fachgesellschaften und die lokalen Bibliotheken erfolgen.

Es wird empfohlen, dass die wissenschaftlichen Fachgesellschaften zusammen mit DINI die Bildung, Organisation und Strukturierung von lokalen Projekten begleiten und unterstützen, welche die Einrichtung und den Betrieb von „Universitäts-Publikationsservern“ zum Ziel haben.

Die Fachgesellschaften sollen zusammen mit DINI entsprechende Anträge an die Länder, den Bund und die DFG unterstützen, koordinieren und die Erfahrungen auswerten und verbreiten. Sie sollen die Metadaten international einpassen und bekannt machen.

Fachspezifische Initiativen

In den einzelnen Fachgebieten entstehen zurzeit „Fach-Portale“, welche aus der riesigen Zahl der über das Web im Prinzip erreichbaren Dokumente eine Vorauswahl treffen in Bezug auf Dokumente, die in diesem Fach entstanden sind, die für die Arbeit in diesem Fach wesentlich sind, das Fach der Öffentlichkeit bekannt machen wollen. Durch eine inhaltliche Gliederung des Portals soll dies erleichtert werden. Immer mehr Fachgesellschaften entwickeln derzeit Vorhaben zur Einrichtung eines Portals.

Die Fachgesellschaften sollten in Zusammenarbeit mit lokalen Bibliotheken und Verbünden, insbesondere jedoch auch mit den Sondersammelgebietsbibliotheken und den zentralen Fachbibliotheken dafür Sorge tragen, die erworbenen Erfahrungen und die entwickelten technischen Standards für einen weiteren Auf- und Ausbau und die Pflege von Fachportalen einzusetzen.

Dies setzt eine kohärente Zusammenarbeit zwischen der entsprechenden Fachgesellschaft, den Standards setzenden Gremien, der lokalen Bibliothek sowie dem lokalen Fachbereich und seinen Wissenschaftlern voraus.

Weiterbildung

Die heute geforderte IT-Kompetenz (‚Internet\|--\|Literacy’) verlangt eine entsprechende Ausbildung der Studierenden. Weil dies fachspezifische Kenntnisse verlangt und es in den einzelnen Fächern spezifische Informationsquellen, Dokumenten-Beschaffungswege und -Quellen gibt, muss die IT-Kompetenz fachspezifisch an den Hochschulen gelehrt werden.

Dies fordert fachkompetente Lehre an den Fachbereichen, die von IT-kompetenten Hochschullehrern des entsprechenden Faches geleistet werden sollte. Es setzt Lehrplaneinheiten voraus, die diese Kompetenz vermitteln. Lehrveranstaltungen oder Lehr-Lernmodule müssen konzipiert, erstellt und praktisch erprobt werden. Dazu bedarf es der hochschulinternen wie der hochschulübergreifenden Kooperation verschiedener Akteure aus Lehre, Universitäts/Fachbereichsbibliotheken und von Informationsanbietern. Die Fachgesellschaften sind aufgerufen, hierbei kooperativ ihrer hohen Verantwortung gerecht zu werden, um rasch die notwendigen rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen in der KMK, der Rektorenkonferenz u. a. zu schaffen.

Es wird weiter empfohlen, dass die Fachgesellschaften sich bundesweit und gemeinsam für die Einrichtung von Lehrstühlen an ihren lokalen Fachbereichen einsetzen, für die vergleichbare Einbettung in den Pflichtkanon der Lehrpläne, für die Erarbeitung eines Rahmens für die Inhalte, der die Durchlässigkeit dieses Studienanteils sicherstellt (bei dem Wechsel eines Studierenden zu einer anderen Universität).

Zur effizienten Verwendung der Ressourcen und zur Qualitätsverbesserung sind gemeinsame Distance Learning Pools zu bilden. Als Beispiel seien das Projekt Physik Multimedial oder die Projekte mit amerikanischen Hochschulen zu MBA (Stuttgart, Hannover), zu „Distance Learning Bachelor“ (Oldenburg) genannt.<27>/<28>


Fußnoten:

<27>

http://www.physik-multimedial.de/

<28>

http://www.uvm.nrw.de/Projekte/ProjekteFS


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HTML - Version erstellt am: Thu Nov 29 11:07:15 2001